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Schätze aus der Sammlung // Jutta Sika: Kaffee- und Teeservice

1. Oktober 2023

Weiße, bauchige Gefäße, verziert mit einem roten Kreisdekor, ergänzt durch nüchterne Scheibengriffe. Jutta Sikas Design für Kaffee- und Teeservice besticht durch seine Schlichtheit und avantgardistische Formensprache.

Jutta Sika (1877 – 1964) war eine österreichische Keramikerin, Produktdesignerin und Grafikerin, die Teile ihrer Ausbildung in der Wiener Kunstgewerbeschule unter dem Maler und Mitgründer der Wiener Secession Koloman Moser (1868-1918), sowie dem Keramiker Friedrich Linke (1854-1914) erhielt.

Die Wiener Kunstgewerbeschule, wie auch später die Wiener Werkstätte, hatten es sich gemäß des Konzeptes des „Gesamtkunstwerks“ zum Ziel gemacht, Kunst und Handwerk zu verbinden und die Arbeit mit Architektur, Glas, Keramik, Kleidung, Schmuck und Stoffen unter einem Dach zu vereinigen. Die Designs der Wiener Kunstgewerbeschule zeichneten sich durch schlichte Formen aus, die sich deutlich von den floralen und verschnörkelten Dekoren des Jugendstils und Historismus unterschieden. Ab 1898 begann die Schule eine Zusammenarbeit mit der Porzellanmanufaktur Joseph Böck, die die Schüler in der tatsächlichen Umsetzung von Keramikdesigns unterstützte und auch an dem hier vorgestellten Service mitwirkte. Gegen Ende ihrer Zeit an der Kunstgewerbeschule gründete Sika im Jahre 1901 mit vier Frauen und fünf Männern die Gruppe „Wiener Kunst im Haus“ mit dem Vorhaben, verschiedene künstlerische und handwerkliche Disziplinen in die Produktion ihres Kunsthandwerks mit einzubeziehen. Diese Vereinigung sollte zum Vorbild für die 1903 von Koloman Moser gegründeten Wiener Werkstätte werden.

Sikas Service setzt sich aus drei Kannen und elf Tassen mit 14 Untertassen, einem Milchgießer, zwei Desserttellern, einem Kuchenteller, sowie einer Dose und einer Zuckerdose ohne Deckel zusammen. Alle Elemente besitzen das gleiche rote Schablonendekor, dass sich stets im unteren Bereich der Kannen und Tassen, bzw. am Rand der Teller und Untertassen befindet. Andere Varianten weisen das gleiche Motiv in den Farben Gelb, Grün und Blau auf. Die Handhabung wird durch die kreisrunden Aussparungen in den Scheibengriffen ermöglicht. Mit den geometrischen Formen, knalligen Farben und der reduzierten Ornamentik hebt sich Sikas avantgardistisches Design von der zeitgenössischen Mode ab, erinnert jedoch auch an Gestaltungsprinzipien und Entwürfe ihres Lehrers Koloman Moser. Wie alle Schüler unter Koloman Moser und Josef Hofmann, veröffentlichte auch Jutta Sika ihre Werke unter dem Stempel „Schule Koloman Moser“. Dieser fungierte als eine Art Qualitätssiegel für ihre Werke, sorgt in der Forschung jedoch auch für Probleme bei der Zuschreibung und dem Bestimmen des tatsächlichen Arbeitsanteils am Dekor und dem Design der Objekte.

Jutta Sika zählte zu den vielen Frauen der Epoche, die im Bereich des Kunstgewerbes tätig werden wollten. An der Wiener Kunstgewerbeschule hatten Frauen seit ihrer Gründung 1867 die Möglichkeit eine kunstgewerbliche Ausbildung zu erlangen. Hier konnten sie über als weiblich verstandene Disziplinen wie die Textilarbeit hinaus auch Architektur und Möbeldesign erlernen und wurden schließlich zur treibenden Kraft hinter vielen der frühen Werkentwürfe. Trotz der kontinuierlichen Kritik, die an ihrer Tätigkeit ausgeübt wurde, vermochten es viele Künstlerinnen mit ihrer Arbeit erfolgreich zu werden und sich eine internationale Karriere aufzubauen. Jutta Sikas Servicedesign verdeutlich das Potenzial der frühen Wiener Keramik und lässt erkennen, welche essentielle Rolle die künstlerische Arbeit von Frauen für die Entwicklung der Kunst des 20. Jahrhunderts gespielt hat.

Text: Miriam Akli